Auch wenn Schilddrüsenkrebs im Vergleich zu anderen Krebsarten ein eher seltener auftretender Tumor ist, handelt es sich aber dennoch um einen sehr ernst zu nehmenden Tumor. Es treten in Deutschland etwa 2500 Neuerkrankungen pro Jahr auf. Und auch hier gilt die Früherkennung als wichtiger Heilfaktor, denn wenn die Prognose bei Schilddrüsenkrebs rechtzeitig erkannt und behandelt wird, sind die Heilungschancen gegenüber anderen Tumoren extrem günstig. „Die Schilddrüse ist ein kleines Organ mit großer Wirkung“ erklärt Dr. Stefan Lerch, Facharzt für Nuklearmedizin, der auf Einladung des Vereins „Gemeinsam gegen Krebs“ in der Frankenwaldklinik zum Thema „Schilddrüsenkrebs“ referierte. Zunächst erörterte der Fachmediziner, der in der Frankenwaldklinik eine nuklearmedizinische Praxis mit den Schwerpunkten Schilddrüsendiagnostik mit Ultraschall, Szintigrafie (radioaktive Bilduntersuchung), Labor und Zytologie (Lehre von den Zellen) führt, die Funktion und Aufgabe der Schilddrüse. Die Hormone die sie produziert sind für viele entscheidende Körperfunktionen lebenswichtig. Sie beeinflussen die Aktivität des Gehirns, die Gesundheit des Herzens und der Muskeln und sind am Wachstum der Knochen beteiligt, sie regeln den Ablauf vieler Stoffwechselvorgänge und die Funktion der Niere. Wie leistungsfähig und wohl sich der Mensch fühlt hängt in hohem Maß von der Funktion der Schilddrüse ab. Es kommt darauf an, dem Körper immer die Hormonmenge zur Verfügung zu stellen die er gerade braucht, nicht zu viel und nicht zu wenig, denn beides kann gesundheitliche Folgen haben. Die Schilddrüse ist ein schmetterlingförmiges, hormonproduzierendes Organ. Sie ist etwa 15 bis 25 Gramm schwer und liegt dicht unterhalb des Kehlkopfes und ist normalerweise von außen nicht erkennbar. Wichtigste Aufgabe der Schilddrüse ist die Bildung und Freisetzung der Schilddrüsenhormone "Thyroxin" (T4) und Trijodthyronin (T3). Dazu wird Jod gebraucht. Am Regelkreis sind mehrere hormonproduzierende Organe beteiligt. Weil auch bei Schilddrüsenkrebs der Grundsatz gilt, „je früher die Tumorerkrankung festgestellt und behandelt wird, desto größer sind die Heilungschancen“, deshalb sind „Alarmsignale zu beachten“. „Druckgefühl im Halsbereich, Luftnot, Schluckbeschwerden, Hustenreiz, tastbar und sichtbar vergrößerte Lymphknoten im Halsbereich und Heiserkeit“ sind Alarmsignale und „Wachsamkeit ist immer geboten, wenn ein Kropf innerhalb von wenigen Wochen entsteht“. Wenn solche Symptome auftreten, sofort den Arzt aufsuchen, rät Dr. Lerch, denn „ein frühzeitig erkanntes Schilddrüsenkarzinom hat sehr gute Heilungschancen“, fügt er hinzu. Wichtigste Diagnoseverfahren sind nach Abtasten durch den Arzt die qualifizierte Ultraschalluntersuchung, anschließend erfolgt eine ergänzende Szintigrafie durch den Nuklearmediziner. Vom Ergebnis abhängend folgen dann eine schmerzarme Feinnadelbiopsie und eventuell andere Untersuchungen. Nach Meinung von Dr. Lerch werde in Deutschland viel zu oft sofort eine völlig unnötige sogenannte diagnostische Schilddrüsenoperation bei erkannten aber nicht weiter untersuchten Knoten durchgeführt. Unerlässlich vor einer Operation ist eine differenzierte und qualifizierte Abklärung des Knotens um mögliche Hinweise auf Gut-oder Bösartigkeit zu erhalten um so eine unnötige Operation zu ersparen. Falls operativ tatsächlich ein Verdacht auf Schilddrüsenkrebs bestätigt wird, ergibt sich nach der Operation mit einer anschließenden „Radiojodtherapie“ durch die Nuklearmedizin eine nebenwirkungsfreie, aber hocheffiziente Therapie, die anderen Krebsarten trotz „High-Tech-Medizin“ wegen des einzig und allein schilddrüsentypischen Jodstoffwechsels vorenthalten bleibt. „Durch die Radiojodtherapie werden sämtliche verbleibende Schilddrüsenreste oder auch potentielle Metastasen sicher eliminiert“. Im Falle eines Nachwachsens des Tumors oder von Metastasen kann die Therapie bis zu gewissen Grenzen in Jahren und Jahrzehnten problemlos wiederholt werden. Es gehen auch keine Gefahren auf andere Organe aus, antwortet Dr. Lerch auf eine Zwischenfrage aus dem Auditorium. Und daher hat der Schilddrüsenkrebs bei adäquater Diagnostik und Therapie im Vergleich zu anderen Tumoren eine sogar exzellente Prognose. Aber auch hier ist eine anschließende konsequente leitliniengerechte Nachsorge und enge Kooperation zwischen behandelnden Ärzten entscheidend, hier sind Hausärzte, Nuklearmediziner, Chirurgen, Pathologen und andere gefordert. Die in Kronach regelmäßig tagende „Tumorkonferenz“ mit sämtlichen Sparten interdisziplinärer beteiligter Mediziner erfüllt mittlerweile erfreulicherweise diese, dem internationalen Standard entsprechenden Ansprüche, stellt Dr. Lerch anschließend erfreut fest.
Karl-Heinz Hofmann
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Das Bild zeigt: Dr. Stefan Lerch referierte über Schilddrüsenkrebs.
Foto: K.-H. Hofmann